top of page

Wie verliert man sieben Millionen Menschen?

Autorenbild: Jürgen JustusJürgen Justus

Das Buch "Replicate: How to Create a Culture of Disciple-Making Right Where You Are" von Robby Gallaty und Chris Swain beleuchtet eindringlich die alarmierende Realität des Rückgangs von Kirchenmitgliedern trotz zahlreicher Taufen. Insbesondere das Kapitel "How to Lose Seven Million People" zeigt, wie selbst gut gemeinte Evangelisationsbemühungen ohne eine effektive Jüngerschaftsstrategie scheitern können.


„Jünger sind das Einzige, worauf es Jesus ankommt, und es ist die einzige Zahl, die Jesus wirklich zählt.“Mike Breen und das 3DM-Team, "Building a Discipling Culture"

Im Jahr 2018 stellte sich die größte protestantische Denomination der Welt, die Southern Baptists, eine erschreckende Frage: Wie verliert man sieben Millionen Menschen? Nach zwei Jahren intensiver Arbeit einer Taskforce zur Nachfolge stellte sich heraus, dass trotz der Taufe von sieben Millionen Menschen über 20 Jahre hinweg die Gottesdienstbesuche nicht stiegen – sie nahmen sogar ab.


Die traurige Realität

1996 besuchten 5,2 Millionen Menschen einen Gottesdienst in einer Southern-Baptist-Kirche. In den folgenden zwanzig Jahren tauften etwa 46.000 Kirchen sieben Millionen Menschen. Man könnte meinen, dass sich die Besucherzahlen entsprechend erhöhen würden. Doch stattdessen schrumpften sie um 24.000 Menschen. Dieses Phänomen beschränkt sich nicht nur auf die Southern Baptists. Viele Gemeinden feiern Taufen, während sie gleichzeitig dabei scheitern, neue Mitglieder langfristig zu binden.

Taufe ist nicht das Ziel, sondern der Beginn einer lebenslangen Reise mit Jesus. Leider fehlt es vielen Kirchen an Strategien, um getaufte Menschen in Jüngerschaftsbeziehungen zu integrieren, die Wachstum und Nachfolge fördern.


Die Herausforderung der heutigen Kultur

Noch vor 30 Jahren war es normal, dass sich bekennende Christen regelmäßig in Gottesdiensten trafen. Heute besuchen Mitglieder eine Kirche durchschnittlich nur noch 1,8 Mal pro Monat, verglichen mit 3,2 Mal im Jahr 2000. Dieses schwindende Engagement spiegelt sich in vielen Kirchen wider.


Der Weg zurück: Jüngerschaft

Die Lösung ist klar: Wir müssen zur Jüngerschaft zurückkehren. Jüngerschaft bedeutet, Beziehungen zu fördern, die Rechenschaft, Sinnhaftigkeit und Transparenz bieten. Die frühkirchliche Gemeinschaft lebte dies in einzigartiger Weise vor. In Apostelgeschichte 2 sehen wir, wie Jünger eifrig daran arbeiteten, die getauften Gläubigen in Jüngerschaftsbeziehungen einzubinden.


Im Gegensatz zu vielen heutigen Gemeinden, in denen die Rettung als essenziell, aber die Jüngerschaft als optional angesehen wird, nahmen die ersten Christen den Auftrag Jesu ernst. Sie folgten seinem Beispiel: Jüngerschaft war der Kern ihres Dienstes. Dieses Modell funktionierte – und es funktioniert auch heute noch.


Jesu Plan für Evangelisation und Jüngerschaft

Die Evangelisation war nie dafür gedacht, sich nur auf große Bühnen oder die Verkündigung durch geistliche „Riesen“ zu beschränken. Jesu Modell war ein Leben in Gemeinschaft, wo Gläubige aktiv in das Leben anderer investieren, sich gegenseitig ermutigen und zur Verantwortung ziehen, um so zu leben, wie Jesus es uns vorgelebt hat. Der Missionsbefehl verlangt von uns, nicht nur das Evangelium zu verkündigen, sondern Menschen in die Nachfolge zu führen.


Wie in Replicate beschrieben, ist Jüngerschaft keine Erfindung der Neuzeit. Die Methoden, die Jesus nutzte, um Jünger zu machen, sind zeitlos und effektiv.


Die alarmierenden Zahlen und die Notwendigkeit der Veränderung

Das Kapitel "How to Lose Seven Million People" beschreibt anschaulich, dass zwischen 1996 und 2016 sieben Millionen Menschen in Southern-Baptist-Kirchen getauft wurden, aber die Mitgliederzahlen nicht wuchsen. Stattdessen sank die wöchentliche Gottesdienstteilnahme. Sterblichkeitsrate und Familienwechsel sind nur ein Teil der Erklärung. Hauptsächlich zeigt sich, dass Gemeinden oft daran scheitern, Getaufte in die Gemeinschaft zu integrieren und langfristig zu binden. Taufen sind ein Anlass zur Freude, aber sie markieren nur den Startpunkt einer Reise, nicht das Ziel.

Die Autoren betonen, dass die Realität nicht ignoriert werden darf. Dieses Problem betrifft nicht nur Southern Baptists, sondern auch viele andere Kirchen weltweit. Der Schlüssel liegt in der Multiplikation durch Jüngerschaft, nicht in der Addition allein.


Zwei entscheidende Fragen

Um die eigene Nachfolgekultur zu evaluieren, müssen sich Leiter und Gemeindeglieder zwei wichtige Fragen stellen:


  1. Haben wir einen klaren Prozess, um Menschen in der Nachfolge zu begleiten und zu geistlicher Reife zu führen?

  2. Funktioniert dieser Prozess?


Die Antworten auf diese Fragen offenbaren oft blinde Flecken in der Gemeindearbeit. Viele Kirchen haben Prozesse für Mitgliedergewinnung oder Veranstaltungen, aber keinen klaren Weg, um Menschen in Jüngerschaft zu führen.


Ein Aufruf zur Veränderung

Wir können die Millionen Menschen, die wir verloren haben, nicht wieder zurückholen. Aber wir können unser Modell verändern, um die kommenden Generationen effektiver zu erreichen. Wenn wir Jüngerschaft ernst nehmen und Jesus’ Beispiel folgen, können wir eine gesunde, wachsende Kirche bauen, die Menschen langfristig bindet und ausstattet.

Lasst uns beten, dass unsere Kirchen diesen Weg einschlagen und dass wir aus Fehlern lernen, um eine Nachfolgekultur zu schaffen, die Frucht trägt.


 

Quelle: Gallaty, Robby, und Chris Swain. Replicate: How to Create a Culture of Disciple-Making Right Where You Are. Moody Publishers, 2020.

Comments


bottom of page