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AutorenbildJürgen Justus

Vom Wissensvermittler zum Ausbilder: Der zweite Shift zum Jüngermachen

Der zweite entscheidende Shift im Buch "DiscipleShift" beschreibt die Veränderung der Rolle des Gemeindeleiters von einem bloßen Wissensvermittler zu einem Ausbilder und Bevollmächtigter. Dieser Wandel ist zentral für das Entstehen einer lebendigen Jüngerschaftskultur. Denn reine Informationsvermittlung, egal wie fundiert, reicht nicht aus, um nachhaltige geistliche Transformation hervorzubringen. Jüngerschaft erfordert mehr als das Aneignen von Wissen – sie braucht Begleitung, Ermächtigung und ein Umfeld, in dem Glaube erfahrbar und gelebt wird.


Die Grenzen der bloßen Informationsvermittlung ("Informing")

Viele Gemeindeleiter sehen ihre Hauptaufgabe in der Verkündigung der biblischen Wahrheit und der Vermittlung theologischen Wissens. Predigten, Bibelseminare und Lehrveranstaltungen füllen den Terminkalender. Der Erfolg wird oft an der Anzahl der Zuhörer oder der vermeintlichen Wissenszunahme gemessen. Doch dieser Ansatz, das "Informing", stößt an seine Grenzen:


  • Oberflächlichkeit: Wissen allein verändert nicht das Leben. Es kann zu intellektuellem Verständnis führen, aber nicht unbedingt zu einer Transformation des Herzens und Handelns.

  • Passive Rezeption: Die Zuhörer werden oft zu passiven Empfängern von Informationen, anstatt aktiv in den Prozess des Glaubenswachstums eingebunden zu werden.

  • Mangelnde Anwendung: Das erworbene Wissen findet oft keine praktische Anwendung im Alltag. Es bleibt theoretisch und unverbunden mit dem realen Leben der Gemeindemitglieder.

  • Burnout der Leiter: Die alleinige Verantwortung für die Wissensvermittlung überfordert die Leiter und führt häufig zu Burnout.


Der Weg der Ermächtigung ("Equipping"): Ausbilder statt nur Lehrer

Der Shift zu "Equipping" beschreibt eine radikale Veränderung der Rolle des Gemeindeleiters. Es geht nicht mehr nur darum, Wissen zu vermitteln, sondern Menschen zu befähigen, selbst zu Jüngern und Jüngermachern zu werden. Dies erfordert:


  • Authentizität: Transparenz und Verletzlichkeit sind unerlässlich. Der Gemeindeleiter muss authentisch sein, seine eigenen Kämpfe und Schwächen teilen und seine Abhängigkeit von Gott zeigen. Nur so kann er ein glaubwürdiges Vorbild sein und ein Umfeld schaffen, in dem Menschen sich ebenfalls verletzlich zeigen können.

  • Beziehungsorientierung: "Equipping" findet nicht in isolierten Vorlesungen statt, sondern in persönlichen Beziehungen. Der Leiter investiert Zeit und Energie in die Begleitung einzelner Personen oder kleiner Gruppen. Er lernt seine Gemeindemitglieder kennen, hört ihnen zu, bietet geistliche Anleitung und hält sie verantwortlich.

  • Praktische Anwendung: Der Fokus liegt auf der praktischen Anwendung der biblischen Wahrheit im Alltag. Die Gemeindeleiter helfen ihren Gemeindemitgliedern, das gelernte Wissen in konkrete Taten umzusetzen und ihr Leben nach dem Willen Gottes auszurichten.

  • Ermächtigung und Befähigung: Der Leiter befähigt seine Gemeindemitglieder, selbst Verantwortung zu übernehmen und in den verschiedenen Bereichen der Gemeinde mitzuwirken. Er bildet sie aus, delegiert Aufgaben und schafft Raum für ihre geistlichen Gaben.


Die Rolle der Verletzlichkeit:

Die Bereitschaft zur eigenen Verletzlichkeit ist ein entscheidender Faktor für den Erfolg von "Equipping". Ein Leiter, der seine Schwächen versteckt und Perfektion vorspiegelt, kann kein glaubwürdiges Vorbild sein. Authentische Beziehungen entstehen nur in einem Umfeld, in dem Menschen sich gegenseitig ihre Fehler, Kämpfe und Zweifel anvertrauen können. Diese Transparenz schafft Vertrauen und ermöglicht es den Gemeindemitgliedern, ebenfalls ihre Verletzlichkeit zuzulassen und voneinander zu lernen.


Konkrete Umsetzung:

Die Umsetzung des Shifts von "Informing" zu "Equipping" erfordert konkrete Maßnahmen:


  • Mentoring und Coaching: Etablierung von Mentoring- und Coaching-Programmen, in denen erfahrene Gemeindemitglieder jüngere unterstützen und begleiten.

  • Kleingruppenarbeit: Förderung von kleinen Gruppen, in denen Beziehungen gepflegt und der Glaube im Alltag gelebt und reflektiert wird.

  • Aus- und Weiterbildung: Angebote zur Aus- und Weiterbildung von Gemeindemitgliedern in verschiedenen Bereichen des Dienstes.

  • Delegation von Verantwortung: Übertragung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten an Gemeindemitglieder, um sie zu stärken und zu fördern.

  • Schaffung von sicheren Räumen: Ein Umfeld schaffen, in dem Verletzlichkeit, Ehrlichkeit und kritisches Hinterfragen des eigenen Lebens erlaubt sind.


Der Shift von "Informing" zu "Equipping" ist ein Prozess, der Zeit, Geduld und Engagement erfordert. Doch er führt zu einer Gemeinde, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern Menschen befähigt, ihr Leben für Gott einzusetzen und selbst Jünger zu machen. Eine Gemeinde, die von innen heraus wächst und die Kraft des Evangeliums in die Welt trägt.


 

Putman, Jim, und Bobby Harrington. DiscipleShift: Five Steps That Help Your Church to Make Disciples Who Make Disciples. Grand Rapids, MI: Zondervan, 2013.

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