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Sand oder Fels – Warum Zellgruppen ein starkes Fundament brauchen

Viele Gemeinden träumen davon, dass Menschen in lebendigen Beziehungen wachsen, Glauben teilen und geistlich reifen. Zellgruppen – oder Kleingruppen – scheinen dafür das ideale Werkzeug zu sein. Sie ermöglichen Nähe, Verbindlichkeit und echte Jüngerschaft. Und doch ist es erstaunlich, wie viele Gemeinden voller Begeisterung gestartet und später wieder zum Stillstand gekommen sind.


Warum?


Weil sie auf Sand gebaut haben – nicht auf Fels.


Jesus sagte:


„Darum ist jeder, der diese meine Worte hört und sie tut, wie ein kluger Mann, der sein Haus auf Fels baute …“ (Matthäus 7,24–25)

Wenn der Regen kommt, die Flüsse steigen und die Winde wehen, zeigt sich, worauf wir gebaut haben. Das gilt für unser persönliches Leben genauso wie für die Gemeinde. Eine Vision für Zellgruppenarbeit braucht ein tiefes Fundament – sonst hält sie den Stürmen nicht stand.



Begeisterung reicht nicht – wir brauchen Überzeugung


In den 1990er-Jahren erlebte die Zellkirchenbewegung weltweit einen gewaltigen Aufschwung. Bücher wie “Where Do We Go From Here” (Ralph Neighbour) oder “Prepare Your Church for the Future” (Carl George) weckten Hoffnung, dass Gemeinden durch Zellgruppen neu aufblühen könnten. Viele stiegen begeistert ein – mit Schulungen, Konzepten und neuen Strukturen.

Doch nach einigen Jahren stellte sich Ernüchterung ein. Die anfängliche Dynamik ließ nach, Gruppen lösten sich auf, Leiter brannten aus.


Was war passiert?

Man hatte begonnen, ohne tief genug zu graben.


Viele Gemeinden wollten eine funktionierende Methode – aber kein geistliches Fundament. Die Zellbewegung wurde zur Modeerscheinung. Doch die Bibel zeigt uns: Wo das Fundament schwach ist, wird selbst das Schönste einstürzen.



Wenn gute Absichten zu sandigen Fundamenten werden



In der Praxis zeigte sich, dass Gemeinden mit sehr unterschiedlichen Motiven in die Zellarbeit starteten – und dass manche dieser Motive zwar „gut“, aber nicht tragfähig waren.



  1. Das Fundament des Gemeindewachstums


Viele begannen mit der Hoffnung: „Zellgruppen lassen unsere Gemeinde wachsen.“

Und ja – in Lateinamerika, Asien und Afrika entstanden explosionsartige Bewegungen. Doch Wachstum allein ist kein Fels, sondern Sand.

Denn wenn Wachstum ausbleibt, sinkt die Motivation. Wenn Zahlen stagnieren, verliert das Modell seine Kraft.


Der entscheidende Punkt ist: Zellarbeit ist kein Wachstumsprogramm, sondern ein Jüngerschaftsprozess.

Sie dient nicht primär der Vergrößerung, sondern der Vertiefung – und das braucht Zeit, Geduld und geistliche Reife.



  1. Das Fundament der Gemeindegesundheit


Andere begannen aus dem Wunsch, eine „gesunde Gemeinde“ zu werden. Inspiriert durch Bücher wie Natural Church Development von Christian Schwarz, sahen sie in Kleingruppen den Schlüssel für Wachstum und Vitalität.

Auch das ist wichtig – aber Gesundheit ist das Ergebnis, nicht das Fundament.

Wenn die Grundlage nur eine Methode bleibt, wird sie bei Gegenwind zerbrechen.



  1. Das Fundament geistlicher Erfahrungen


Wieder andere starteten nach einer geistlichen Offenbarung – etwa wie Larry Stockstill, der empfand, Gott rufe ihn, seine Gemeinde auf Zellarbeit auszurichten. Solche Erfahrungen sind wertvoll, aber sie brauchen ein biblisches Rückgrat.

Denn Offenbarung ohne biblische Verankerung kann leicht emotional bleiben – und emotionales Feuer erlischt, wenn Druck und Widerstand zunehmen.



  1. Das Fundament der Gewohnheit oder des Trends


Viele Gemeinden starteten schlicht, weil Zellgruppen gerade „angesagt“ waren oder weil „alle es machten“. Doch wer nur mitmacht, solange es funktioniert, wird auch wieder aufhören, wenn Schwierigkeiten kommen.

Nachfolge braucht Überzeugung – keine Mode.



Das biblische Fundament: Theologie erzeugt Methodik



Der Zellkirchenpionier Ralph Neighbour brachte es auf den Punkt:


„Theologie erzeugt Methodik.“

Unsere Methoden müssen aus dem hervorgehen, was wir über Gott, Mensch und Gemeinde glauben.

Nicht die Struktur bestimmt unsere Theologie, sondern unsere Theologie bestimmt die Struktur.


Wer versteht, dass die Gemeinde der Leib Christi ist, wird Kleingruppen nicht als organisatorische Ergänzung sehen, sondern als Ausdruck dieses Leibes.

Wer begreift, dass jeder Gläubige ein Priester ist, wird Zellgruppen als Ort begreifen, an dem jeder dienen, beten, lehren und wachsen kann.

Und wer erkennt, dass Jesus Jünger in Beziehung formte, wird verstehen: Zellgruppen sind kein Programm – sie sind die natürliche Form von Jüngerschaft.



Fast biblisch – oder wirklich biblisch?



Viele rechtfertigen Kleingruppen mit dem Hinweis auf Apostelgeschichte 2,42–47:


„Sie blieben beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft, im Brechen des Brotes und im Gebet …“

Diese Verse zeigen tatsächlich, dass die erste Gemeinde zwischen großen Feiern („im Tempel“) und kleinen Treffen („in den Häusern“) lebte. Doch der Text ist beschreibend, nicht vorschreibend. Er zeigt ein Prinzip, aber kein fertiges Modell.


Das bedeutet: Wir dürfen nicht aus einzelnen Versen eine starre Struktur ableiten – etwa wie oft man sich trifft, wie groß eine Gruppe sein muss oder dass sie zwingend aus zwölf Personen bestehen sollte.

Gott hat uns kein Zahlensystem gegeben, sondern Prinzipien: Gemeinschaft, Jüngerschaft, Multiplikation, Gebet und gegenseitige Verantwortung.



Kleingruppen – keine Option, sondern Ausdruck von Kirche



Viele Gemeinden behandeln Kleingruppen wie eine Option:

„Wer will, kann teilnehmen.“


Doch im Neuen Testament war Gemeinschaft keine Zusatzveranstaltung – sie war die Kirche selbst.


Als der Hebräerbrief mahnt:


„Lasst uns nicht versäumen, unsere Zusammenkünfte …“ (Hebräer 10,25), dachte der Autor nicht an Sonntagsgottesdienste mit Bühne und Sitzreihen, sondern an Hausgemeinden voller Beziehungen und gegenseitiger Ermutigung.

Zellgruppen sind also kein modernes Werkzeug, sondern eine Rückkehr zur ursprünglichen Form von Kirche – organisch, beziehungsorientiert, geistlich lebendig.



Der Gummiband-Effekt



Viele Gemeinden erleben beim Start der Zellarbeit den sogenannten „Gummiband-Effekt“:

Sie dehnen sich in Richtung Veränderung, aber die alte Kultur zieht zurück.

Traditionelle Formen, hierarchisches Denken und Konsumverhalten wirken wie eine starke linke Hand, die alles wieder in die alte Form zurückzieht.


Nur eine tiefe, theologisch begründete Überzeugung kann diese Spannung aushalten.

Wer weiß, warum er Zellgruppen lebt, bleibt auch dann dran, wenn Wachstum ausbleibt, Leiter fehlen oder Prozesse länger dauern als gedacht.



Wie entsteht ein Fundament aus Fels?


Ein stabiles Fundament entsteht nicht durch neue Programme, sondern durch geistliche Reflexion.


Wir müssen fragen:


  • Was ist Kirche in Gottes Augen?

  • Was bedeutet es, Jünger zu machen?

  • Welche Rolle spielt Gemeinschaft im Plan Gottes?

  • Wie können wir das Wesen Gottes – Beziehung, Hingabe, Liebe – in unserer Struktur widerspiegeln?


Das erfordert Zeit, Gebet, Studium und Demut.

Je tiefer wir graben, desto stabiler wird, was darauf entsteht.


Joel Comiskey beschreibt diesen Prozess wie ein interkulturelles Lernen:

Man kann Bücher über ein Land lesen, aber erst, wenn man darin lebt, versteht man die Kultur wirklich.

So ist es auch mit der biblischen Sicht von Gemeinde: Wir müssen sie nicht nur lernen, sondern leben – bis sie Teil unserer geistlichen DNA wird.



Fazit: Der Unterschied zwischen Sand und Fels


Zellgruppenarbeit, die auf kurzfristigen Ergebnissen oder menschlichen Konzepten basiert, mag für eine Zeit funktionieren – aber sie wird nicht bestehen.

Nur wenn sie auf biblischen Überzeugungen ruht, wird sie Frucht bringen, die bleibt.


Ein starkes Fundament bedeutet:


  • Wir bauen auf Gottes Wort, nicht auf menschliche Strategien.

  • Wir suchen Transformation, nicht nur Wachstum.

  • Wir leben Gemeinschaft, nicht nur Programm.

  • Wir machen Jünger, nicht nur Teilnehmer.


„Wenn der Herr das Haus nicht baut, arbeiten umsonst, die daran bauen.“ (Psalm 127,1)

Lasst uns also nicht auf Sand bauen, sondern auf Fels – auf das, was Gott selbst über seine Gemeinde gesagt hat.


Dann wird jede Zelle, jede Gruppe, jede Beziehung zu einem Ort, an dem das Reich Gottes sichtbar wird – stabil, tragfähig und voller Leben.



Quellenhinweis


Dieser Artikel basiert auf dem ersten Kapitel (Foundations: Sand or Rock?) aus:


Joel Comiskey, Biblical Foundations for the Cell-Based Church: New Testament Insights for the Twenty-First Century Church (Moreno Valley, CA: CCS Publishing, 2012).

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