Ich komme gerade von einem übergemeindlichen Leitertreffen. Auf der Rückfahrt habe ich einen Podcast von Carey Nieuwhof angehört [1]. Carey sprach mit seinem Gesprächspartner Daryl Cripe. In den letzten 9 Jahren hat Daryl mit Hunderten von Gemeinden in den USA und Deutschland zusammengearbeitet. Daryl hat den tiefen Wunsch, dass alle Gemeinden, unabhängig von Größe, Konfession, ländlicher oder städtischer Prägung, Stil oder Arbeitsweise, sich bewusst und zielgerichtet um Menschen in ihrer örtlichen Gemeinschaft kümmern, die keine Beziehung zu Jesus haben.
In ihrer Diskussion berührten Carey und Daryl das Thema Covid-19 und stellten fest, dass Kirchen jeglicher Größe vor ähnlichen Herausforderungen standen, insbesondere im Bereich der Innovation. Die zentrale Frage war, wie Kirchengemeinden den Übergang ins Digitale meistern und ihre Mitglieder online erreichen können. Sie diskutierten, wie die Kirchen Jüngerschaft in einem digitalen Kontext leben, Kinderarbeit gestalten und virtuelle Treffen für wichtige Entscheidungsprozesse organisieren können. In kurzer Zeit mussten sich die Gemeinden an die Nutzung neuer Medien anpassen, um diesen Herausforderungen zu begegnen.
Dann sagte Daryl, was meine Aufmerksamkeit packte:
"Aber langsam, als COVID auslief, wenn Sie so wollen, traten einige neue Realitäten ein. Und so haben die meisten Kirchen jetzt weniger Leute, richtig? Wir haben weniger Teilnehmer und einige sind nicht wiedergekommen. Das bedeutet auch, dass wir weniger Leiter und weniger Freiwillige haben. In einigen Fällen gab es Kirchen, die weniger finanzielle Mittel hatten, um ihre früheren Aufgaben zu erfüllen. Aber das Wichtigste, was wir bei der Veränderung der Landschaft sahen, war eine sehr langsame Erkenntnis unter den Kirchenleitern, wiederum über alle Konfessionen und Standorte hinweg, dass die Ortsgemeinde, ihre Ortsgemeinde, nicht das Maß an Jüngerschaft hervorgebracht hatte, das sie angenommen hatten."
Ich will jetzt nicht das Thema Maskenpflicht aufwärmen, aber seien wir ehrlich: Diese und ähnliche Diskussionen haben offenbart, dass unsere Reaktionen nicht immer von Reife geprägt waren. Es geht mir nicht darum, jemanden anzuprangern, sondern vielmehr darum anzuerkennen, dass die Pandemie gewisse Schwachstellen in unserer geistlichen Reife aufgezeigt hat. Eine wirklich große Schwachstelle ist das Thema Jüngerschaft!
Daryl erklärte weiter, dass zu Beginn der COVID-19-Pandemie Kirchenleiter und Gemeinden, angespornt durch die Herausforderungen des Mitgliederschwunds und veränderter Verhaltensweisen, eine starke Motivation verspürten, Evangelisation und Jüngerschaft neu zu beleben. Sie waren auf der Suche nach innovativen Methoden, um Menschen zu erreichen und geistlich zu unterstützen. Diese Phase zeichnete sich durch einen ausgeprägten Wunsch nach Experimentieren und der Erkundung neuer missionarischer Ansätze aus.
Gegen Ende 2022 jedoch begann eine spürbare Veränderung in der Dynamik. Viele Kirchenleiter fühlten sich erschöpft und die anfängliche Energie für Innovation und missionarische Bemühungen wich einer Sehnsucht nach Stabilität und Konservierung des Bestehenden. Diskussionen verschoben sich von experimentellen Ansätzen hin zu Fragen, wie man das Tempo drosseln und sich auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Gemeinde konzentrieren kann.
Mit dem Eintritt in das Jahr 2023 zeigte sich, dass die zuvor lebendigen Gespräche über Jüngerschaft und Evangelisation verblasst waren. Kirchenleitungen kehrten zu den Diskussionen und Mentalitäten von 2019 zurück, mit einem Fokus auf die Bewahrung des Status quo statt auf Innovation. Diese Rückkehr zu altbekannten Mustern steht im Kontrast zum dringenden Bedarf an Anpassung und Veränderung, den die aktuellen Herausforderungen wie politische Polarisierung, Rassenspannungen und ein allgemeiner Glaubensrückgang aufzeigen.
Diese Entwicklung hin zu einer gewissen Resignation unter Kirchenleitern deutet auf ein tieferes, ungelöstes Problem hin: Die Unsicherheit darüber, wie man in einer sich schnell verändernden Welt effektiv Jüngerschaft betreiben und evangelisieren kann. Es zeichnet sich ab, dass Gemeinden und ihre Führungen sich auf unbekanntem Terrain bewegen, insbesondere in den USA, und dass eine tiefgreifende Reflexion darüber notwendig ist, wie der christliche Glaube in der modernen Gesellschaft gelebt und vermittelt werden kann.
Daryl betont die Bedeutung persönlicher Beziehungen in der Jüngerschaft und Evangelisation. Er schlägt vor, dass jeder Gläubige mindestens eine Person in seinem Leben haben sollte, für die er sich tiefgehend einsetzt – jemanden, der Jesus nicht kennt und für den man eine echte, keine projektbezogene Beziehung pflegt. Diese Beziehung sollte authentisch sein und auf gegenseitigem Interesse und Fürsorge basieren, nicht auf dem Ziel, die Person zu bekehren. Im Laufe der Zeit und durch authentische Beziehungen können natürliche Gespräche über den Glauben entstehen. Daryl betont auch die Wichtigkeit der Gastfreundschaft in der Gemeinde, um eine einladende Atmosphäre für Suchende zu schaffen.
Jeder Gläubige sollte mindestens eine Person in seinem Leben haben, für die er sich tiefgehend einsetzt – jemanden, der Jesus nicht kennt und für den man eine echte, keine projektbezogene Beziehung pflegt.
Hier sind noch einmal einige praktische Tipps basierend auf Daryls Ansatz zur Jüngerschaft und Gemeindearbeit:
1. Sei authentisch: Sei in deinen Beziehungen echt und offen. Teile deine eigenen Erfahrungen, Kämpfe und Freuden im Glauben, anstatt nur zu versuchen, die andere Person zu bekehren.
2. Betete für eine Person: Bitte Gott darum, dir eine Person zu zeigen, für die du dich besonders einsetzen und beten kannst. Sei offen dafür, dass Gott dir jemanden aufs Herz legt, der seine Liebe und sein Evangelium benötigt.
3. Praktiziere Gastfreundschaft: Sei in deiner Gemeinde und in deinem persönlichen Leben gastfreundlich. Eine einladende Atmosphäre kann Türen öffnen und Barrieren für das Evangelium abbauen.
4. Teile das Leben miteinander: Lade Menschen in dein Leben ein, sei es durch gemeinsame Aktivitäten, Essen oder einfach durch Zeit, die ihr miteinander verbringt. Solche gemeinsamen Erlebnisse schaffen Vertrauen und Offenheit.
5. Sei geduldig: Erwarte nicht sofortige Veränderungen oder Bekehrungen. Jüngerschaft ist ein Prozess, der Zeit, Geduld und beständiges Gebet erfordert.
6. Lebe deinen Glauben vor: Deine Taten und dein Lebensstil sind oft lauter als Worte. Lebe so, dass andere Christus in dir sehen können.
7. Nutze natürliche Gelegenheiten für Glaubensgespräche: Anstatt erzwungene oder künstliche Gespräche über den Glauben zu führen, nutze natürliche Momente, die sich im Laufe eurer Freundschaft ergeben, um über tiefergehende Themen zu sprechen.
8. Unterstütze und ermutige einander: Sei eine Quelle der Ermutigung und Unterstützung für die Person, mit der du dich verbindest, sowohl in geistlichen als auch in weltlichen Angelegenheiten.
9. Reflektiere und teile deine Erfahrungen: Teile deine Erfahrungen, Herausforderungen und Erfolge in der Jüngerschaft mit anderen in deiner Gemeinde, um voneinander zu lernen und sich gegenseitig zu ermutigen.
Ein paar abschließende Gedanken:
Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir ernsthaft darüber reflektieren, ob wir unbemerkt wieder in unsere alten Muster zurückgefallen sind. Welche Strategien hätten wir heute für Jüngerschaft oder Evangelisation im Angesicht einer Pandemie? Mitte 2022 begann ich über das Thema Jüngerschaft nachzudenken und es führte dazu, dass in dieser Zeit sich unzählige Leute für Jesus entschieden haben und nun anfangen sich in andere zu investieren.
Mit Gotts Hilfe und der Hilfe meiner Freunde habe ich eine Jüngerschaftsgruppe, auch bekannt als Zellgruppe, ins Leben gerufen, die uns allen die Chance gibt, unseren Glauben zu erleben und zu vertiefen. In diesen kleinen, aber feinen Runden finden wir Platz für echte Beziehungen, gegenseitige Stütze und geistliches Wachstum. Es ist der Ort, wo wir ganz wir selbst sein können, unsere Höhen und Tiefen teilen und gemeinsam Kraft schöpfen durch das Gebet. Diese Gruppen bringen nicht nur unseren Glauben auf ein neues Level, sondern verstärken auch unser Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinde. Sie zeigen uns, wie Glaube im täglichen Miteinander gelebt wird. In einer Welt, die oft von Einsamkeit und Oberflächlichkeit geprägt ist, sind diese Gruppen wie ein frischer Wind: Sie bieten Raum für echte Annahme, tiefe Gespräche und gemeinsames Wachsen im Glauben. Ein wichtiger Punkt ist, dass jeder in der Gruppe lernt, Verantwortung zu übernehmen, um in andere zu investieren und so unseren Glauben weiterzugeben. So entsteht eine lebendige Bewegung, bei der jeder nicht nur persönlich wächst, sondern auch einen Beitrag leistet zur geistlichen Reife der anderen. Außerdem hat sich eine richtig tolle Kultur entwickelt, bei der wir immer wieder neue Leute einladen, die dadurch die Chance bekommen, Gott näherzukommen. So tragen wir die Botschaft von Hoffnung und Liebe weiter.
In unserem Land besteht ein akuter Bedarf an effektiven Ansätzen für Jüngerschaft und Evangelisation. Wie reagierst du darauf?
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