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Fragen der Zeit – Digitale Ablenkung und die Krise unserer Aufmerksamkeit

Eine neue Serie für Jüngerschaft, Zellgruppen und Gemeindegründer


Warum diese Reihe?


Menschen kämpfen mit Einsamkeit, Leistungsdruck und Sinnsuche, während sie gleichzeitig nach Wegen suchen, Jesus im Alltag zu folgen.

Diese Reihe will genau dort ansetzen: Sie hilft, unsere Kultur zu verstehen, Brücken zum Evangelium zu schlagen und konkrete Werkzeuge für Jüngerschaft, Zellgruppenarbeit und Gemeindegründung an die Hand zu geben.


Teil 1: Digitale Ablenkung und die Krise unserer Aufmerksamkeit


Die Diagnose unserer Zeit


Noch nie war unsere Aufmerksamkeit so hart umkämpft.

Reels, Nachrichten, E-Mails, Push-Benachrichtigungen – ein endloser Strom aus Reizen, der uns ständig ruft: „Schau her! Klick mich! Reagiere jetzt!“

Jugendliche berichten von FOMO (Fear of Missing Out), digitalem Mobbing, Schlafstörungen und Dauerstress durch Social Media – doch die Wahrheit ist: Diese Phänomene betreffen längst alle Generationen.


Das Problem ist nicht einfach „zu viel Inhalt“, sondern eine Kultur der Zerstreuung, die unseren inneren Kompass verschiebt.


Wie sich das zeigt


  • Multitasking statt Präsenz: Wir beantworten E-Mails im Meeting, scrollen vor dem Einschlafen und prüfen Nachrichten während des Gesprächs. Am Ende bleibt das Gefühl, „nie wirklich da“ zu sein.

  • Informationsflut erschöpft: Dauernde Reize überlasten das Gehirn. Konzentration und Tiefe werden zur Mangelware.

  • Algorithmische Schleifen: Das, was uns kurz interessiert, bestimmt schnell unsere ganze Gedankenwelt – und verstärkt negative Themen.

  • FOMO und Erlebnisstress: Je mehr Möglichkeiten wir haben, desto größer die Angst, etwas zu verpassen. Freiheit wird zur Falle.



Die tiefere Sehnsucht hinter der Ablenkung


Hinter unserer digitalen Rastlosigkeit steckt eine tiefe Sehnsucht: nach Zugehörigkeit, Bedeutung, Trost und Heimat.

Unser Herz sucht Geborgenheit – und findet sie nur in der Gegenwart Gottes.


Jesus lädt uns in einen Gegenrhythmus ein.

Er zieht sich in die Stille zurück, sucht den Vater, bleibt im Hier und Jetzt.

Wahre Jüngerschaft bedeutet, wieder präsent zu werden: bei Gott, bei Menschen, im Moment.


Die Evangeliums-Brücke


Das Evangelium ruft uns nicht zu größerer Anstrengung, sondern zu tieferem Bleiben:


„Bleibt in mir, und ich bleibe in euch.“ (Joh 15,4)

Jesus schenkt Ruhe, nicht durch Kontrolle, sondern durch Verbindung.

Selbstbeherrschung wächst nicht aus Willenskraft, sondern aus der Frucht des Geistes.

Wer in Christus ruht, kann Medien wieder als Werkzeug nutzen – nicht als Meister.



Kulturelle Diagnose in drei Sätzen


  1. Wir leiden weniger an zu wenig Zeit – sondern an zu viel Zerstreuung.

  2. Digitale Systeme belohnen Reiz, Empörung und Vergleich – und schwächen Stille, Tiefe und Langmut.

  3. Ohne bewusste Gegenpraxis formt uns das Medium stärker als unsere Absicht.



Werkzeuge für Jüngerschaft (1:1, Mentoring, Coaching)


Gesprächsleitfaden (30–40 Minuten)


1. Entdecken:

Wann merkst du, dass deine Aufmerksamkeit wegrutscht? In welchen Situationen greifst du zum Handy, obwohl du es gar nicht willst?


2. Deuten:

Welche Sehnsucht steckt dahinter? Trost, Anerkennung, Verbundenheit, Ruhe?


3. Evangelium:

Wie zeigt dir Jesus heute Annahme und Sinn – ganz konkret?

Welche Wahrheit ersetzt die Lüge: „Ich verpasse sonst mein Leben“?


4. Experiment:

Verabredet ein 7-Tage-Mini-Experiment und haltet täglich kurzen Kontakt – per Text oder Sprachnachricht.



7-Tage-Mini-Experimente


Wählt 1–2 einfache Übungen und beobachtet, was passiert:


  • Handy-Korridor: 20 Minuten nach dem Aufstehen und 20 Minuten vor dem Schlafen sind bildschirmfrei – Zeit für Stille, Gebet oder einen Psalm.

  • Notifikations-Fasten: Push-Nachrichten ausschalten; E-Mails und Social Media nur zu festen Zeiten prüfen.

  • Wüsten-Fenster: Einmal täglich 10 Minuten ohne Input – keine Musik, kein Podcast, nur Stille und Gegenwart.

  • Social-Slot: Social Media auf 15–30 Minuten am Tag begrenzen; danach 5 Minuten Dankbarkeit oder Tagebuch.



Werkzeuge für Zellgruppen


Gruppenvereinbarungen


  • Liturgie der Aufmerksamkeit: Jedes Treffen beginnt mit 3 Minuten Stille und einem Vers (z. B. Psalm 131 oder Johannes 15).

  • Ein Ding weniger: Jede Woche verzichtet die Gruppe auf eine kleine digitale Gewohnheit und teilt die Erfahrung.



Vorschlag für eine 60-Minuten-Zellgruppeneinheit


1. Ankommen (10 Min):

Stille + Vers; dann kurze Runde: Wo warst du in dieser Woche wirklich präsent – und wo nicht?


2. Impuls (10 Min):

Gespräch über FOMO, Dauerbeschallung, Reizüberflutung – was davon erlebst du?


3. Bibel und Gespräch (25 Min):

Lest Joh 15,1–11 oder Mt 11,28–30.

Fragen: Was hindert uns am Bleiben? Wie sieht Jüngerschaft als Präsenz aus?


4. Praxis (10 Min):

Jede/r wählt ein Mini-Experiment für 7 Tage.


5. Gebet (5 Min):

Betet um „ein ungeteiltes Herz“ (Ps 86,11) – für wache, präsente Herzen.



Impulse für Leiter und Gemeindegründer



  • Lehrserie planen: Entwickelt eine „Regel des Lebens“ für die Gemeinde – mit gemeinsamen Praktiken wie Stille, Sabbat, Gemeinschaft ohne Screens.

  • Mentorennetzwerke stärken: Ältere Gläubige begleiten Jüngere – Vorbilder sind stärker als Appelle.



Typische Einwände – seelsorgerlich antworten


  • „Ohne Social Media verpasse ich alles.“

    Es geht nicht um Verzicht, sondern um Freiheit. Präsenz ist reicher als Geschwindigkeit.

  • „Ich habe schon so oft versucht, weniger zu scrollen.“

    Das Ziel ist nicht mehr Disziplin, sondern neue Gewohnheiten – gemeinsam eingeübt.

  • „Ich brauche das zum Abschalten.“

    Trost ist gut – aber echter Trost kommt von Jesus, nicht von Betäubung.



Ausblick auf Teil 2


Im nächsten Artikel geht es um Burnout, Stress und Beschleunigung – warum wir im Geist Jesu anders arbeiten und ruhen lernen können und wie Zellgruppen/Kleingruppen zu Schutzräumen werden, in denen Erneuerung geschieht.



 
 
 

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