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EINE BEWEGUNG ENTSTEHT

Gemeindebau und Jüngerschaft im deutschen Kontext: Erfahrungen, Strategien und eine Vision für Deutschland


VORWORT: Was ich in Lübeck und Hannover erlebt habe


Ich bin wieder zu Hause. Meine Stimme ist angeschlagen, mein Körper müde – aber mein Herz ist voll. So unglaublich voll von dem, was ich in den letzten Tagen bei den Konferenzen in Lübeck und Hannover erleben durfte.


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Lübeck
Lübeck

Ich habe mit Pastoren und Leitern von großen Gemeinden gesprochen. Mit Leitern von kleinen Gemeinden. Mit Hauskirchen-Leitern. Mit einzelnen Menschen, die einfach nur für sich da waren, um zu lernen. Und was ich dabei gesehen und gehört habe, hat mich zutiefst bewegt – auf eine Weise, die ich noch Wochen brauchen werde, um zu verarbeiten.

Es ist unglaublich, wie stark die Sehnsucht ist.


Hannover
Hannover

Die Sehnsucht, dass wir anfangen, den Lebensstil mehr und mehr nachzuahmen, den Jesus gelebt hat. Die Sehnsucht nach echter Jüngerschaft. Nach Multiplikation. Nach Beziehungen statt Programmen. Nach einem Leben, das über Veranstaltungsbesuche hinausgeht.


Aber gleichzeitig ist da auch etwas anderes. Und darüber muss ich ehrlich sprechen.


Mein Herz ist gebrochen


In den letzten Tagen ist mein Herz auf eine neue Weise gebrochen worden. Ich habe mit Menschen gesprochen, die geweint haben – Leiter, Pastoren, engagierte Christen – die so betrübt waren, dass ihre Herzen nicht voller Mitgefühl sind für die Menschen um sie herum.

Ich habe die Not gesehen und gespürt. Die Not, dass man manchmal gar nicht so richtig weiß, wie man das Leben soll. Das Leben ist so voll. Nachfolge ist an vielen Stellen wirklich viel Programm geworden. Aber die Beziehung zu Menschen? Dass man sich wirklich in Menschen investieren kann? Das ist eine echte Not.


Leute haben gesagt:


  • "Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll..."

  • "Ich habe keine Vorbilder in dieser Richtung..."

  • "Ich bin verletzt und enttäuscht von meinen Leitern..."

  • "Ich fühle mich überfordert und allein..."


Und doch – und das macht mir wieder Mut – ist da diese tiefe Sehnsucht. Die Sehnsucht, in der Jüngerschaft zu leben. Die Sehnsucht, dass es im Kern um Beziehung geht. Dass es darum geht, an Menschen dran zu sein, für Menschen zu beten.


Die Frage, die alle stellen


Wie viele haben mich in den letzten Tagen gefragt: "Wie kann man anfangen? Wo fängt man an, so zu leben?"


Und das ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es gibt kein einfaches "Mach Schritt eins, dann Schritt zwei, dann Schritt drei und dann vier." So funktioniert Jüngerschaft nicht.

Aber was ich immer wieder gesagt habe – und was ich auch dir sagen möchte:


Fang an, Gott zu suchen.


Fang an, ihn zu bitten, dass er dir Mitgefühl schenkt für die Menschen in deinem Umfeld. Dass er dein Herz berührt. Dass er dein Herz öffnet für vielleicht eine Person. Nur eine Person.


Und sei bereit für Entmutigung. Denn ja, die wird kommen. Aber in diesem Prozess wirst du wachsen. Du wirst lernen. Du wirst sehen, wie Gott wirkt.


Die größte Not: Fehlende Vorbilder


Was mir in den letzten Tagen mehr und mehr aufgefallen ist: Es braucht wirklich Leiter. Pastoren. Menschen, die in Verantwortung stehen, die genau so anfangen zu leben und auch andere anfangen zu ermutigen, in diesen Lebensstil hineinzugehen.

Das ist eine ganz große Not. Viele haben mir gesagt, dass sie nicht diese Leiter haben. Da fehlt es an Vorbildern in dieser Richtung. Und da sind auch viele Verletzungen, viele Enttäuschungen.


Deswegen mein dringender Appell:


Geh nie in eine Anti-Haltung gegenüber Leitern. Nicht nach dem Motto: "Ja, wenn du das jetzt nicht lebst, dann bin ich gegen dich" oder "dann distanziere ich mich."


Sondern: Bete für Pastoren und Leiter. Bete für Leiterschaft, die anfängt sich aufzumachen, Jüngerschaft zu leben. Selber auch Jüngerschaft zu leben. Zu fragen: "Wer ist mein Jünger? Welche Menschen lasse ich an mein Leben?"


Und gleichzeitig: Ermutige die Leute in Gemeinden, in Kleingruppen, Zellgruppenleiter, wie auch immer man das nennt, dass sie sich wiederum in andere investieren.


Eine Vision beginnt Gestalt anzunehmen


Ich glaube mehr und mehr, dass Nachfolge mehr ist als Veranstaltungen zu besuchen, wo ich geistlich wachse, wo ich was empfange. Es geht darum, dass ich mich zurüsten lasse, Salz und Licht zu sein in einer dunklen Welt.


Und ich glaube – nein, ich bin überzeugt – dass Gott in den nächsten Jahren wirklich eine Bewegung von geistlichen Multiplikatoren in Deutschland hervorbringen wird.


Und wir dürfen Teil davon sein.


CLAUDIAS ZEUGNIS: "Ich bin normal der größte Schisser"


Ich möchte dir ein Zeugnis weitergeben, das mich tief bewegt hat. Es zeigt, was geschieht, wenn jemand die Prinzipien, über die wir sprechen, wirklich lebt.


Claudia sagte mir in einer Sprachnachricht:

"Ich verfolge deinen Jünger-machen-Kanal und mich bewegt das Thema Transformation immer mehr. Ich bin so viele Jahre schon gläubig und kenne das Evangelium – und ich schaffe es nicht, Dinge weiterzugeben..."

Aber dann geschah etwas. Sie hörte das Zeugnis von Jogi, der während einer Bestrahlung für eine andere Person gebetet hatte. Und das motivierte sie.

"Ich hatte heute einen Termin bei der Fußpflege und es ist manchmal so schwierig mit der Person zu reden, weil die sehr auf vegan geht und da langsam ihre eigene Ideologie hat..."

Was tat Claudia? Sie betete.


Sie betete speziell für dieses Treffen. Nicht einfach reinzugehen, wie sonst, sondern Gott mit reinzunehmen.


Und dann erzählt sie:

"Ich kann gar nicht sagen – ich habe so ein Glaubensgespräch gehabt! Ich bin normal der größte Schisser und ich meine auch immer, ich bin nicht fähig dazu, irgendwelche Dinge klar zu sagen und wenn Fragen kommen, spontan gute Antworten zu geben..."

Aber Gott wirkte.

"Gott hat es so geführt, dass ich sie reden habe lassen. Ich konnte das komplette Evangelium ihr sagen – obwohl sie sagt, sie will vom christlichen Glauben nichts mehr hören, sie hat ihren eigenen Gott, der nicht gut und nicht schlecht ist, sie will nicht wissen, woher sie kommt und wohin sie geht, das braucht sie alles nicht..."

Was passierte?


Claudia konnte reden. Zuerst zuhören, dann reden. Und am Ende sagte die Fußpflegerin:

"Ich finde das interessant. Du hast eine ganz andere Perspektive..."

Und Claudia merkte, wie die Frau anfing, doch nachzudenken.

"Ich habe jetzt echt gebetet, dass der Heilige Geist ihr keine Ruhe lässt und dass sie sich nicht mehr zufrieden begibt, dass es ihr egal ist, woher sie kommt und wohin sie geht."

Was können wir lernen?

Claudias Zeugnis zeigt vier entscheidende Prinzipien:


  1. Vorbereitung durch Gebet – Sie ging nicht einfach hin, sondern nahm Gott mit

  2. Überwindung der Angst – Trotz ihrer Selbstzweifel ("größter Schisser") vertraute sie Gott

  3. Zuhören vor Reden – Sie ließ die andere Person zuerst sprechen

  4. Gottes Führung – Sie erlebte, wie Gott die Worte schenkte


Und dann ihr bewegendes Fazit:

"Ich erlebe selber viele kleine Schritte und ich bin so dankbar: Ich freue mich einfach, was Gott da noch vorhat und möchte offen sein."

Das ist Jüngerschaft. Das ist Transformation. Das ist die Bewegung, die wir sehen wollen.


Einleitung: Die Herausforderung unserer Generation


"Zuerst das Evangelium, nicht die Kirche. Zuerst die Unerreichten, nicht die Vorhandenen. Zuerst die Region, nicht mein kleines kirchliches Biotop. Es kommt auf die richtige Reihenfolge an, um als Kirche relevant zu sein." (Christhard Ebert und Hans-Hermann Pompe in "Das Evangelium, die Unerreichten und die Region")


Deutschland, das Kernland der Reformation, gehört heute zu den am stärksten säkularisierten Gebieten der Welt. Die Evangelische Kirche in Deutschland existiert in einem Kontext, wo Wikipedia-Nutzer sich mehr für Popstars als für Gott interessieren, wo das Verlassen der Kirche gefragter ist als das Dazukommen. Wir leben in einem postchristlichen bzw. nachchristlichen Kontext, der von Pluralisierung, Individualisierung und einer tiefen Fragmentierung der Lebenswelten geprägt ist.


Doch genau in dieser Herausforderung liegt eine enorme Chance. Deutschland ist wieder Missionsland geworden – und das bedeutet, dass jeder gebraucht wird, wer mit Mut, Kreativität und theologischer Klarheit neue Wege geht.


1. DIE REALITÄT VERSTEHEN: Deutschland als fragmentierte Gesellschaft


Die Sinus-Milieus: Ein Fenster in die deutsche Gesellschaft


Die beherrschende Dynamik in unserer Gesellschaft ist das Auseinanderdriften der Lebenswelten, Stile und Szenen. Menschen aus unterschiedlichen Lebenswelten begegnen einander "quasi als Aliens". Die Gesellschaft ist tief fragmentiert und segmentiert.


Das Sinus-Milieu-Modell zeigt uns zehn unterschiedliche Lebenswelten in Deutschland:

  1. Konservativ-etabliertes Milieu (10%) – Klassisches Establishment

  2. Liberal-intellektuelles Milieu (7%) – Aufgeklärte Bildungselite

  3. Milieu der Performer (8%) – Effizienzorientierte Leistungselite

  4. Expeditives Milieu (9%) – Postmoderne, vernetzte Avantgarde

  5. Adaptiv-Pragmatisches Milieu (11%) – Moderne junge Mitte

  6. Sozialökologisches Milieu (7%) – Engagiert gesellschaftskritisch

  7. Bürgerliche Mitte (13%) – Leistungsbereiter Mainstream

  8. Traditionelles Milieu (11%) – Sicherheits- und ordnungsliebend

  9. Prekäres Milieu (9%) – Um Teilhabe bemühte Unterschicht

  10. Hedonistisches Milieu (15%) – Spaß- und erlebnisorientiert


Die harte Wahrheit für die Kirche


Nur etwa zweieinhalb von zehn Sinus-Milieus werden durch das kirchengemeindliche Leben erreicht. Die Kirche ist "milieuverengt" und erreicht vor allem traditionsorientierte und bürgerliche Milieus.


Das bedeutet: Mehr als zwei Drittel der deutschen Gesellschaft finden keinen Zugang zur traditionellen Kirchengemeinde – nicht weil sie böse oder gleichgültig sind, sondern weil wir sie in ihrer Lebenswelt nicht erreichen.


2. DIE HERAUSFORDERUNGEN: Was uns wirklich bevorsteht


A) Der demographische und spirituelle Druck


Die Herausforderungen sind real und dürfen nicht beschönigt werden:


  • Mitgliederschwund: Es gibt deutlich mehr Kirchenaustritte als Eintritte

  • Schwindendes Interesse: Kirchliche Botschaften werden oft nicht mehr wahrgenommen

  • Überforderung: Mission wird als zusätzliche Belastung empfunden, was zu Burnout führt

  • Verlust des Grundwissens: Insbesondere in Ostdeutschland fehlt es an grundlegendem Wissen über christliche Kultur

  • Image-Problem: Die Kirche wird als übermächtiger, bürokratischer Apparat wahrgenommen


"Trübsal ist eine der großen Versuchungen für die Kirche: Selbstbeschäftigung und Kränkungen belegen sie so, dass ihre eigentliche Aufgabe unterbleibt, für Neugierige oder Skeptiker eine Begegnung mit dem Evangelium zu ermöglichen." (Das Evangelium, die Unerreichten und die Region)


B) Die Milieu-Gefangenschaft


Die Gesellschaft ist stark segmentiert, und die Reichweite kirchlichen Handelns ist begrenzt. Es bestehen regelrechte "Ekelschranken" zwischen den Milieus. Postmoderne Milieus empfinden die Kirche als fremd, und die Kirche fremdelt umgekehrt mit diesen Lebenswelten.


C) Die post-christliche Realität


Deutschland ist post-christlich geworden. Das bedeutet:

  • Viele Menschen sind religiös indifferent – die Gottesfrage ist für sie irrelevant

  • Säkularisierung ist nicht nur ein Verlust, sondern eine Transformation von Religiosität

  • Ostdeutschland ist die atheistischste Region der Welt

  • Selbst innerhalb der Kirche ist ein großer Teil der unter 30-Jährigen kirchenfern


3. DIE KOPERNIKANISCHE WENDE: Von "Komm" zu "Geh"


Das alte Paradigma: Die Komm-Struktur


Traditionell funktionierte Kirche so: Wir haben ein attraktives Angebot (Gottesdienst, Programme, Gebäude), und die Menschen kommen zu uns. Dieses Modell stammt aus der Zeit der Volkskirche, als Kirchenzugehörigkeit selbstverständlich war.


Dieses Modell funktioniert nicht mehr in einer post-christlichen Gesellschaft.


Das neue Paradigma: Die Geh-Struktur


"Kirche kehrt um von der Komm-Struktur zur Geh-Struktur. Sie wird zur Kirche, die interessiert ist: Die bei/unter /zwischen den Menschen ist, zunächst mental-kognitiv und dann auch real." (Das Evangelium, die Unerreichten und die Region)


Das bedeutet eine kopernikanische Wende: weg von der „Komm-Struktur" hin zur „Wir geh'n hin-Struktur" (Aufbruch in die Lebenswelten)


Aber Vorsicht: Es geht nicht um "entweder-oder"


Es geht nicht darum, die "Komm"-Angebote aufzugeben, sondern um eine Balance:


  • Einladende "Komm"-Angebote: Gottesdienste, Konzerte, Events

  • Sendende "Geh"-Struktur: Missionarische Kleingruppen, Beziehungsaufbau, Leben teilen im Alltag


Die christliche Sendung braucht eine ausgewogene Balance zwischen aktiven Bildern – wie Jüngerschaft, Verkündigung und Dienst – und passiven Bildern – wie Salz der Erde und Licht der Welt –, die durch reine Präsenz, Ausstrahlung und gelebte Authentizität wirken.


4. KONTEXTUALISIERUNG: Das Evangelium in jeder Lebenswelt


Was bedeutet Kontextualisierung?


Kontextualisierung heißt für mich:


Das Evangelium so zu leben und zu vermitteln, dass Menschen es in ihrer Lebenswelt verstehen und annehmen können – ohne dass dabei seine Wahrheit oder Kraft verloren gehen.


Es geht nicht darum, die Botschaft zu verwässern, sondern sie verständlich zu machen. Die Botschaft bleibt dieselbe – aber die Sprache, die Ausdrucksformen und der Zugang können sich verändern.


Jesus selbst hat das vorgemacht: Er hat mit Fischern über Netze gesprochen, mit Bauern über Saat und Ernte, mit Frauen über Wasser, das wirklich stillt.


Kontextualisierung bedeutet für mich, Menschen zuerst zuzuhören, ihre Fragen, Sehnsüchte und Werte zu verstehen – und dann zu entdecken, wie das Evangelium genau dort hineinspricht.


Klaus Hemmerle bringt es wunderschön auf den Punkt:

„Lass mich dich lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich dir zu überliefern habe."

Das heißt: Ich komme nicht mit einer fertigen Schablone, sondern mit einem lernenden Herzen.


Ich glaube, dass Gott schon in der Lebenswelt der Menschen am Werk ist – und dass wir das Evangelium dort gemeinsam neu entdecken können.


Genau das hat Claudia getan. Sie hat zuerst zugehört. Sie hat gelernt, wie ihre Fußpflegerin denkt. Und dann konnte Gott durch sie sprechen.


5. Praktische Wege, um die Unerreichten zu erreichen


A) Präsenz und gelebte Nähe


Wir warten nicht darauf, dass Menschen zu uns kommen – wir gehen dorthin, wo sie leben.

Jesus war mitten unter den Menschen – auf Straßen, bei Mahlzeiten, auf Festen.

So sind auch wir gerufen, im Alltag sichtbar und ansprechbar zu sein:


  • Bewusste Präsenz in Nachbarschaft, Vereinen oder auf dem Arbeitsplatz

  • Kleine Gesten der Freundlichkeit und echtes Interesse

  • Zuhören, bevor wir reden – verstehen, bevor wir erklären


Claudias Beispiel: Sie war bereits regelmäßig bei der Fußpflegerin. Aber dieses Mal ging sie mit Gebet hin – und das veränderte alles.


B) Offene und alltagsnahe Begegnungsräume


Das Evangelium wird erfahrbar, wenn wir Orte der Begegnung schaffen, an denen Menschen ohne Schwellenangst hineinkommen können:


  • Offene Cafés, Begegnungsabende, Gesprächsrunden

  • Temporäre Aktionen im Ort

  • Haus- oder Kleingruppen, die bewusst offen bleiben für neue Gäste


C) Kasualien als Brücken zum Glauben


Taufen, Trauungen, Beerdigungen oder besondere Lebensübergänge (z. B. Einschulung, Jubiläen) sind Momente, in denen Herzen offen sind.

Wir wollen:


  • Die Sehnsucht nach Segen und Sinn ernst nehmen

  • Mit Liebe auf Fragen eingehen

  • Diese Momente bewusst nutzen, um Menschen mit der Hoffnung des Evangeliums in Berührung zu bringen


D) Beziehungsarbeit mit Kindern und Familien


Kinder öffnen oft Türen, die sonst verschlossen bleiben.


Deshalb investieren wir in verlässliche Beziehungen und kreative Angebote, z. B.:


  • Familiennachmittage, Kinderaktionen, Glaubenskurse

  • Biblische Geschichten, die Werte und Hoffnung vermitteln

  • Langfristige Beziehungspflege statt kurzfristiger Events


E) Digitale und kreative Wege


Unsere Zeit bietet enorme Chancen, Menschen auch digital zu erreichen:


  • Inspirierende Inhalte über Social Media, Podcasts und YouTube

  • QR-Codes und kreative Aktionen im öffentlichen Raum

  • Digitale Challenges, die zum Nachdenken anregen


F) Kultur der Wertschätzung


Wer mitarbeitet, dient mit Herzblut. Deshalb braucht Reich-Gottes-Arbeit eine Kultur der Ermutigung und Anerkennung:


  • Regelmäßige Wertschätzung und Gebet für Mitarbeitende

  • Klare Aufgaben, gute Begleitung und Ermutigung zur geistlichen Reife

  • Bewusste Achtsamkeit, um Überforderung und Burnout vorzubeugen


6. Theologische Reflexion: Die Milieus im Licht des Evangeliums


Selbstkritik als geistliche Haltung


Wer das Evangelium in verschiedene Lebenswelten hineinträgt, muss sich seiner eigenen Prägung bewusst sein.


Auch wir als Christen – und besonders als Mitarbeiter in Gemeinden – sind milieugeprägt.

Wir verkünden die Botschaft Jesu nie „von oben herab", sondern immer aus einem bestimmten Blickwinkel heraus.


Darum ist Milieuarbeit letztlich ein Test gelebter Nächstenliebe:


Sind wir bereit, andere Lebenswelten wirklich zu verstehen – oder erwarten wir, dass sie zuerst so werden wie wir?


Theologische Anknüpfungspunkte


Expeditives Milieu



(Beschreibt eine moderne, urbane und digital vernetzte Avantgarde, die oft zur kreativen Oberschicht zählt.)


  • Das Evangelium ruft in Gemeinschaft und fordert Bindung – auch über wechselnde Interessen hinaus.

  • Gott ist Förderer echter Freiheit – nicht zur Selbstverwirklichung, sondern zur Hingabe.

  • Die radikale Sinnsuche findet im Wort Jesu ihren Widerhall:  „Wer sein Leben liebt, wird es verlieren; wer es aber um meinetwillen verliert, wird es gewinnen." (Joh 12,25)


Prekäres Milieu


(Eine soziale Gruppe, die durch Unsicherheit, soziale Benachteiligung und häufige Ausgrenzung geprägt ist.)


  • Das Evangelium durchbricht die Logik der Leistungsgesellschaft:  „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark." (2. Kor 12,9–10)

  • Gott begegnet uns als Helfer, Beschützer und Versorger, der auch in den Tiefpunkten gegenwärtig ist.

  • Gemeinde wird zum Ort der Fürsorge und Würde für die Schwächsten – so wächst der Leib Christi.


Hedonistisches Milieu


(Eine gesellschaftliche Gruppe, die sich durch einen starken Fokus auf Spaß, Erlebnis und Genuss im Hier und Jetzt auszeichnet.)


  • Das Evangelium zeigt eine neue Dimension von Freude und Freiheit:  „Alles ist erlaubt, aber nicht alles ist nützlich." (1. Kor 6,12)

  • Christsein bedeutet, nicht gegen das Leben, sondern mitten im Leben zu stehen – als befreiende Alternative zu leerem Spaß.

  • Freude am Leben wird zum Lob Gottes: „Erlöster müssten mir seine Jünger aussehen!" (Nietzsche) – ein herausforderndes, aber berechtigtes Wort.


Anpassung und Identität


Die Milieuperspektive fordert uns als Kirche und Gemeinde heraus, uns nicht an der eigenen Selbsterhaltung, sondern am Auftrag Jesu zu orientieren.


Die Frage lautet nicht: „Wie bleiben wir bestehen?", sondern:

„Herr, was willst du, dass wir tun sollen?" (Apg 9,6)

Es geht nicht um Anpassung ohne Profil, sondern um kontextuelle Verständlichkeit ohne Verlust der Wahrheit.


Nur wer die Barrieren kennt, kann Brücken bauen.


Und genau darin zeigt sich die wahre Kraft des Evangeliums – es bleibt unveränderlich wahr, aber es findet immer neue Formen, um Menschen zu erreichen.


7. MISSIONARISCHE GRUNDHALTUNGEN: Der Charakter der Gemeinde


Die Gemeinde soll die "Wesenszüge Jesu" abbilden. Dazu gehören:


1. Wahrnehmungsfähigkeit und Interesse


"Wahrnehmen und Verstehen ist eine grundlegende Form der Liebe." Offenheit, Zuwendung und ehrliches Interesse für andere sind fundamental.

Claudia zeigte diese Haltung: Sie nahm ihre Fußpflegerin wahr, hörte zu und versuchte sie zu verstehen.


2. Auskunftsfähigkeit und Mitteilungsbereitschaft

Bereit sein, über die eigene Hoffnung zu sprechen (1. Petr 3,15). "Rede nur, wenn du gefragt wirst, aber lebe so, dass du gefragt wirst." (Paul Claudel)


3. Demut und Lernbereitschaft

Von den "Unerreichten" lernen, statt ihnen nur zu predigen.

Claudia ließ ihre Fußpflegerin zuerst reden – sie lernte ihre Welt kennen, bevor sie sprach.


4. Mut zum Experiment

Neue Formen ausprobieren, auch wenn sie scheitern könnten. In unserem Kontext arbeiten wir seit 3 Jahren mit Zellgruppen. Sie verändern nicht nur die Menschen, die wir erreichen, sie verändern uns.


5. Langfristiger Atem

Beziehungsaufbau braucht Zeit. Mission ist kein Sprint, sondern ein Marathon.

Claudia sagte: "Ich erlebe selber viele kleine Schritte" – das ist die Realität der Jüngerschaft.


8. Umgang mit Widerständen


Häufige Beharrungssätze


In fast jeder Gemeinde tauchen ähnliche Sätze auf, wenn Veränderung ansteht:


  • „Wir sind doch schon missionarisch."

  • „Wir erreichen doch alle!"

  • „Das haben wir schon immer so gemacht."

  • „Mission ist eine Extraaufgabe – wir sind ohnehin überlastet."


Diese Aussagen sind verständlich – sie entstehen oft aus Überforderung, Unsicherheit oder aus dem Wunsch, Bewährtes zu bewahren. Doch sie zeigen auch, wie tief unsere kirchliche Praxis manchmal vom ursprünglichen Auftrag entfernt ist.


Die Antwort: Ein Paradigmenwechsel


Mission ist keine Zusatzaufgabe, die wir irgendwann noch „dazunehmen".

Mission ist die Identität der Kirche selbst.


Wenn wir nicht missionarisch leben, verfehlen wir unseren Auftrag – und hören auf, wirklich Kirche zu sein.

„Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch." (Joh 20,21)

Es geht darum, dass wir uns selbst als Gesandte verstehen, mitten in unserer Umgebung, in unseren Berufen, Familien und Nachbarschaften.


Säkularität als Chance


Viele Christen empfinden die zunehmende Säkularisierung als Bedrohung.


Doch Säkularität kann auch eine Befreiung von religiösen Formen sein, die keinen Inhalt mehr tragen.


Wo alte Selbstverständlichkeiten verschwinden, entsteht Raum für echte Begegnung mit dem Evangelium.


Manche fürchten eine „Abwärtsspirale" – weniger Mitglieder, weniger Ressourcen, weniger Einfluss.


Aber vielleicht ist genau das der Moment, in dem Gott etwas Neues anfangen will.

Denn:

Wo nichts mehr ist, woran man anknüpfen kann, steht auch nichts mehr im Weg für einen Neuanfang.

Das Evangelium war nie abhängig von Macht, Tradition oder Mehrheiten – sondern immer von Menschen, die bereit waren, sich senden zu lassen.


9. KONKRETE NÄCHSTE SCHRITTE


Was du JETZT tun kannst:


  1. Lerne deine Stadt/Region kennen: Welche Milieus gibt es? Wo leben sie? Was sind ihre Werte und Lebensziele?

  2. Identifiziere deine "Person des Friedens": Mit wem aus einem kirchenfernen Milieu hast du bereits eine Beziehung? Investiere in diese Beziehung.

  3. Bete für die Unerreichten: Gehe durch deine Stadt und segne die Menschen, die dir begegnen.

  4. Experimentiere: Lade Leute zu einem Kaffee ein, geh mit ihnen essen, starte eine Zellgruppe.


Was Claudia uns lehrt:

  • Bete vorher – Sie betete speziell für den Termin

  • Überwinde deine Angst – Trotz "größter Schisser" vertraute sie Gott

  • Höre zuerst zu – Sie ließ die andere Person reden

  • Vertraue auf Gottes Führung – Er gab die Worte

  • Feiere kleine Schritte – "Ich erlebe selber viele kleine Schritte"


SCHLUSS: Eine persönliche Einladung


Setz dich nicht unter Druck


Das ist wichtig, und ich möchte es klar sagen: Setz dich nicht unter Druck.


Es geht nicht darum, dass du morgen perfekt Jüngerschaft lebst. Es geht nicht darum, dass du zehn Menschen gleichzeitig begleitest.


Es geht darum:


Fang an, Menschen zu lieben.

Fang an, Menschen zu sehen mit Jesus' Augen.

Fang an zu fühlen, wie das Vaterherz fühlt.


Deutschland mag post-christlich sein, aber es ist nicht hoffnungslos


Im Gegenteil: Wir leben in einer der spannendsten Zeiten für Mission seit der Reformation.


Die Herausforderungen sind real:


  • Fragmentierung der Gesellschaft

  • Säkularisierung und Indifferenz

  • Mitgliederschwund und finanzielle Engpässe

  • Überforderung der Mitarbeitenden


Aber die Chancen sind größer:


  • Offenheit für Spiritualität (auch außerhalb der Kirche)

  • Hunger nach Sinn und Gemeinschaft

  • Neue Technologien und Kommunikationswege

  • Wachsende Bereitschaft zum Experimentieren

  • Menschen wie Claudia, die ihre Ängste überwinden


"Wo Säkularität herrscht, ist Gott bereits am Werk." Wo nichts mehr ist, an das angeknüpft werden kann, steht auch nicht viel im Weg für einen Neuanfang.


Der Auftrag ist klar


"Kirche kehrt um von der Komm-Struktur zur Geh-Struktur. Sie wird zur Kirche, die interessiert ist: Die bei/unter /zwischen den Menschen ist, zunächst mental-kognitiv und dann auch real."


Wir sind gerufen:


  • Nicht mehr zu warten, bis Menschen zu uns kommen

  • Hinauszugehen in die Lebenswelten der Menschen

  • Neue Gemeindeformen zu entwickeln, die zu den Lebenswelten passen

  • Regional zu kooperieren, statt in Konkurrenz zu stehen

  • Das Evangelium zu kontextualisieren, ohne es zu verwässern


Gott will dich gebrauchen


Ich glaube das von ganzem Herzen: Gott will dich gebrauchen.


Nicht, weil du perfekt bist. Nicht, weil du alles weißt. Nicht, weil du besonders begabt bist.

Sondern weil du bereit bist.


Bereit zu lernen. Bereit zu lieben. Bereit, dich zu investieren.


Die Vision bleibt


Was ich in Lübeck und Hannover gesehen habe, hat mich tief bewegt. Aber was mich noch mehr bewegt, ist die Vision dessen, was noch kommen wird.


Ich glaube – nein, ich bin überzeugt – dass Gott in den nächsten Jahren wirklich eine Bewegung von geistlichen Multiplikatoren in Deutschland hervorbringen wird.


Menschen wie Claudia. Menschen, die "eigentlich der größte Schisser" sind. Menschen, die ihre Ängste überwinden.Menschen, die beten. Menschen, die fasten. Menschen, die lieben. Menschen, die teilen.

Und diese Menschen werden Deutschland verändern.


Letzte Worte


"Lass mich dich lernen, dein Denken und Sprechen, dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich dir zu überliefern habe." (Klaus Hemmerle)


Deutschland braucht keine perfekten Strategien. Deutschland braucht Christen, die:


  • Mit Liebe in die Lebenswelten der Menschen eintauchen

  • Mit Mut neue Wege gehen

  • Mit Demut von den "Unerreichten" lernen

  • Mit Ausdauer langfristig investieren

  • Mit Hoffnung an Gottes Wirken glauben


Die Mission ist groß. Die Ernte ist reif. Die Zeit ist jetzt.


"Zuerst das Evangelium, nicht die Kirche. Zuerst die Unerreichten, nicht die Vorhandenen. Zuerst die Region, nicht mein kleines kirchliches Biotop."


Lasst uns aufbrechen in die Lebenswelten!


Meine Stimme ist angeschlagen. Mein Körper ist müde. Aber mein Herz ist so voll von Hoffnung. Hoffnung für Deutschland.Hoffnung für die Kirche. Hoffnung für dich.


Gott wirkt durch diese Bewegung.


Und du darfst Teil davon sein.


Sei gesegnet.


Bleib in Verbindung


Wenn du Teil dieser Bewegung sein möchtest:



Danke


Danke an alle, die für die Konferenzen in Lübeck und Hannover gebetet haben.

Danke an Claudia für ihr bewegendes Zeugnis.


Danke an alle Leiter, Pastoren und Christen, die bereit sind, neue Wege zu gehen.

Danke an Gott, der diese Bewegung freisetzen wird.


Dieser Artikel darf frei geteilt und vervielfältigt werden zur Förderung der Jüngerschaft und Mission in Deutschland.


"Ich glaube, dass Gott in den nächsten Jahren wirklich eine Bewegung von geistlichen Multiplikatoren hervorbringen wird. Und wir dürfen Teil davon sein."

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